Behandlungsgebühren im Notdienst („Notdienst-GOT“)

Die „Notdienst-GOT“

Am 20.12.2019 hat der Bundesrat die „Vierte Verordnung zur Änderung der Tierärzte-Gebührenordnung“ verabschiedet. Diese ist am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten, also am 14.02.2020.

Neben einer (eher geringfügigen) Erhöhung des Wegegeldes, also der Anfahrtskosten z. B. für Hausbesuche, geht es hierbei vor allem um die Neuregelung der Abrechnung tierärztlicher Leistungen im Notdienst. Notwendig wurde dies, weil zuletzt – wie aus den Medien bekannt – immer mehr Tierkliniken ihren Klinikstatus zurückgeben mussten, da das Aufrechterhalten von Rund-um-die-Uhr-Notdiensten nicht mehr möglich war. Hier spielen auch die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes eine Rolle, durch die die Personaldecke einerseits immer dünner und die Personalkosten andererseits immer höher wurden. Und wir kleinen Einzelpraxen können das bei allem Herzblut, das wir in die Versorgung unserer Patienten stecken, einfach nicht auffangen. Kurzgefasst: Ende vom Lied war, dass deutschlandweit durch dieses „Kliniksterben“ die Notfallversorgung der Tiere immer stärker bedroht wurde. Nun hat sich die Gesetzgebung eingeschaltet und die sogenannte „Notdienst-GOT“ verabschiedet, um dieser Tendenz (hoffentlich noch rechtzeitig) entgegenzuwirken.

Hier einige Eckdaten:

  • Für tierärztliche Leistungen, die zu den sogenannten Notdienstzeiten außerhalb der regulären Sprechzeiten erbracht werden, sind gewisse Zuschläge nun zwingend vorgeschrieben – und das unabhängig davon, ob diese von einer Tierklinik oder einer „normalen“ Tierarztpraxis erbracht werden.

  • Die Notdienstzeiten umfassen die Nachtzeiten (18:00 – 08:00 Uhr), Wochenenden (freitags 18:00 Uhr bis montags 8:00 Uhr) und die Feiertage (von 0:00 – 24:00 Uhr).

  • Zu den Notdienstzeiten müssen vom Tierarzt die Leistungen mindestens mit dem 2,0-fachen Gebührensatz abgerechnet werden, maximal darf der 4,0-fache Satz berechnet werden (bisher maximal 3,0-facher Satz, wobei das Ausreizen der Obergrenze wohl nach wie vor auf extreme Ausnahmefälle beschränkt bleiben wird)

  • Zusätzlich muss eine Notdienstgebühr berechnet werden. Diese neu eingeführte Gebühr liegt bei 50,- € netto (inklusive gesetzlicher Mehrwertsteuer also 59,50 €) und ist pro Tierhalter und Konsultation zu berechnen – bei zwei gleichzeitig erkrankten Tieren also nur einmal.

  • Bei der Betreuung von Tierheimen/Tierschutzvereinen sind auch nach wie vor Abweichungen nach unten möglich, wenn ein entsprechender Betreuungsvertrag vorliegt (hier ändert sich also grundsätzlich nichts).

  • Die Preise für Medikamente, die im Notdienst angewendet oder abgegeben werden, erhöhen sich nicht.

Diese – gesetzlich vorgeschriebenen – Gebührenerhöhungen bedeuten für den Tierhalter natürlich eine höhere finanzielle Belastung, das ist auch uns Tierärzten klar. Sie wurde auch nicht von der Politik verabschiedet, damit wir mehr verdienen (im europaweiten Vergleich mit anderen Ländern mit ähnlichem durchschnittlichen Einkommen liegen die Kosten für tierärztliche Behandlungen in Deutschland noch immer ziemlich weit unten), sondern damit schlicht und ergreifend die Notfallversorgung aufrecht erhalten werden kann und kein ernsthafter Versorgungsnotstand entsteht.

Vielleicht wird das ein oder andere Tier, das schon einige Tage krank ist, nun nicht mehr erst am Sonntag, wenn gar nichts mehr geht, sondern schon am Freitag dem Tierarzt vorgestellt. Das wäre natürlich ein schöner Nebeneffekt der Verordnung, da diesem Patienten schneller geholfen und unnötiges Leid erspart werden konnte. Andererseits besteht durch die Gebührenerhöhung natürlich auch die Gefahr, dass einzelne akut kranke Tiere, die wirklich unmittelbar behandelt werden sollten, nun nicht zeitnah, also z. B. noch am Wochenende, dem Tierarzt vorgestellt werden, weil die Besitzer die zusätzlichen Kosten scheuen. Das wäre unschön und im Einzelfall vielleicht auch dramatisch. Die Verantwortung für eine solche Entscheidung liegt dann aber immer noch beim Besitzer. Und noch viel dramatischer wäre es sicherlich, wenn mittelfristig die Notfallversorgung aller Tiere gänzlich zusammenbrechen würde, weil auch die letzten Tierkliniken mit 24-Stunden-Bereitschaft aufgeben oder immer mehr Tierarztpraxen die Teilnahme an Ringnotdiensten an den Wochenenden einstellen müssten, weil die Kapazitäten einfach nicht mehr da sind, um dies aufrecht zu erhalten. 

Glücklicherweise ist es ja auch so, dass die wenigsten Tiere im Laufe ihres Lebens mehrmals im Notdienst zum Tierarzt müssen, und wenn man die höheren Gebühren für eine Notdienstkonsultation z. B. auf ein Hundeleben verteilt, relativiert sich die Summe. Dennoch empfiehlt es sich, rechtzeitig vorzusorgen, beispielsweise indem man eine Krankenversicherung für sein Tier abschließt oder – was schon immer empfehlenswert war – monatlich eine gewisse Summe beiseite legt. Sollte man dennoch einmal zu knapp bei Kasse sein, um die (Notfall-)Behandlung bezahlen zu können, sollte man sich vor dem Tierarztbesuch in der Familie oder im Bekanntenkreis Geld leihen. Insbesondere im Notdienst sind Behandlungen in aller Regel direkt im Anschluss an die tierärztliche Konsultation zu begleichen, da das Risiko, Kapital an Fremde zu verleihen, einfach unsagbar groß ist. Ich denke, diesbezüglich hat jeder im Notdienst engagierte Tierarzt schon unschöne Erfahrungen sammeln dürfen. Ob im Rahmen einer Notfallbehandlung mit einer Krankenversicherung direkt (also ohne Vorkasse durch den Besitzer) abgerechnet werden kann, sollte unbedingt im Vorfeld der Behandlung mit dem behandelnden Tierarzt und ggf. der Versicherung besprochen werden, da dies nicht in allen Fällen möglich ist.

(dieser Beitrag wurde zuletzt überarbeitet am 15.02.2020)